Das heute im Freilichtmuseum Hessenpark aufgebaute Fachwerkgebäude war ursprünglich Teil einer bäuerlichen Hofanlage in dem Dorf Radheim am Rande des Odenwaldes. Der Hof bestand die aus dem schlicht und funktional gebautenWohnhaus, einer einfachen Scheune, einem Stall und einem Garten. Lediglich auf der Straßenseite zeigte das Wohnhaus Fachwerkzierden. Ein auffälliges Detail ist der dekorative Erker in der Mitte des Obergeschosses.
Als ersten Eigentümer kennen wir Reinhard Heidrich. Im Laufe der Jahre wechselte das Anwesen mehrmals den Besitzer, bis es 1897 an Johann Aloys Petry kam, einen Bäcker aus dem Nachbardorf Mosbach. Er eröffnete im Erdgeschoss des Hauses eine Bäckerei mit Ladengeschäft und errichtete auf der Rückseite einen Ziegel-Backofen. Neben der Bäckerei blieb der Hof bis in die frühen 1950er-Jahren auch landwirtschaftlich genutzt. Erst dann wurde die Bäckerei im Vollerwerb betrieben. Bis zum Abriss des Hauses 1979 blieb das Haus im Eigentum der Bäcker-Familie.
Ein interessierter Realschullehrer informierte das Freilichtmuseum Hessenpark über den bevorstehenden Abriss des Hauses und so konnten brauchbare Teile des Fachwerks beim Abriss erhalten und ins Freilichtmuseum verbracht werden. Allerdings reichten die geretteten Fachwerkhölzer nicht zum Wiederaufbau, so dass zwischenzeitlich eine Entsammlung in Betracht gezogen wurde. Dank des zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte durchgeführten Projekts „Kompetenzzentrum für Klimaschutz in Fachwerkstädten (KKF)“ konnte das Fachwerkgefüge nach fast 40 Jahren gerettet werden und dient jetzt als „Fachwerk-Musterhaus für Energieeffizienz und zeitgemäßes Wohnen“.
Die Geschichte des Musterhauses, bevor es in den Hessenpark kam:
Erbauung und erste Nutzungsphase
Das Fachwerkwohnhaus wurde um 1790 in Stockwerkbauweise im südhessischen Radheim, einem Ortsteil von Schaafheim, errichtet. Es handelte sich um ein zweistöckiges Wohnhaus, das ursprünglich zur Hofreite des Ackermannes Reinhard Heidrich gehörte. Die Fachwerkkonstruktion war weitgehend schlicht und zweckdienlich, jedoch an den Schauseiten zur Straße holzreich und verziert, insbesondere mit einem sogenannten „Fränkischen Erker“ (BAB 090 Hausinfos SobikC.docx, Seite 1; BAB 090 Haus- und Innentafeltext Radheim.docx, Seite 1).
Umbauten und Nutzungsänderungen
Im Jahr 1897 wurde das Gebäude grundlegend umgebaut, um im Erdgeschoss eine Backstube mit Ladengeschäft zu beherbergen. Diese Umbaumaßnahmen umfassten unter anderem die Änderung der Raumdisposition, den Einbau eines großen Schaufensters sowie den Ersatz von Fachwerkbauteilen durch Ziegelsteine (BAB 090 Texte über Haus aus Radheim.docx, Seite 1). Johann Aloys Petry eröffnete die Bäckerei, die später von seinem Schwiegersohn Otto Abele und schließlich von dessen Sohn Eugen Abele weitergeführt wurde (BAB 090 Interviews Radheim.docx, Seite 1).
Abbau und Einlagerung
Aufgrund eines geplanten Erweiterungsbaus des Nachbargebäudes wurde das Fachwerkhaus 1979 abgerissen. Die brauchbaren Hölzer des Fachwerkgefüges wurden erhalten und ins Freilichtmuseum Hessenpark verbracht. Dort wurden sie für 40 Jahre eingelagert, bevor der Wiederaufbau des Hauses geplant wurde (BAB 090 Zusammenfassung Hausakte.docx, Seite 1; BAB 090 Das Radheimer Bäckerhaus – für Hessenpark.pdf, Seite 1).
Wiederaufbau im Hessenpark
Der Wiederaufbau des Hauses im Hessenpark begann 2018. Nach umfangreichen Reparaturen und Ergänzungen wurde das Fachwerkgerüst im September 2018 aufgerichtet, und das Richtfest gefeiert. Das Haus wurde als Musterhaus konzipiert, das beispielhafte Kombinationen aus zeitgemäßem, energieeffizientem Wohnen im historischen Fachwerkhaus zeigt. Die Ausstellung im Musterhaus wurde im Frühjahr 2021 eröffnet (BAB 090 Texte über Haus aus Radheim.docx, Seite 1; BAB 090 Das Radheimer Bäckerhaus – für Hessenpark.pdf, Seite 1).